Hamelspringe. Es hätte ein Abend werden können, an dem man sich mal in die Augen schaut und vielleicht sogar ein paar Schritte aufeinander zu macht: die Norddeutsche Naturstein GmbH auf der einen Seite, die in Hamelspringe dort weitermachen will, wo sie vor vielen Jahren aufgehört hat: im großen Stil und im Steinbruch.
Die Gegner des dortigen Hochbetriebs auf der anderen Seite, die Lärm, Staub und Lkw-Verkehr genauso fürchten wie den Wertverlust ihrer Immobilien.
Und irgendwo mittendrin: die Politik, die - je nach politischer Farbe und persönlichem Empfinden - schwankt zwischen grundsätzlicher Ablehnung, dem Wunsch, das Beste draus zu machen und der Freude über Arbeitsplätze.
Doch jetzt ist das Treffen abgesagt, weil die Gegner gegen Betrieb klagen. Womöglich fürchtet die NNG, beim Infoabend Munition für die Klage zu liefern. Genau weiß man es aber nicht, weil sich das Unternehmen wenig erklärt, schon von Anfang an.
Als die ersten Gerüchte durch den Ort über den Steinbruch-Neustart jagten, mauerte die NNG auf Anfrage der Redaktion lange - wir berichteten schließlich aus anderen Quellen das, was das Unternehmen erst später selbst bestätigte.
Auch gegenüber Anliegern und Teilen der Politik gab es lange kaum Öffentlichkeitsarbeit, es gab niemanden, der sich auf Einladung der Gegner mal zum Erklären nach Hamelspringe traute.
Und jetzt auch keinen öffentlichen Info-Abend. Das passt ins Bild, leider.
NDZ
Hamelspringe. „Vor dem Hintergrund dieser angekündigten Klageerhebung wird es derzeit keine allgemeine Öffentlichkeitsveranstaltung zum Thema der Fortführung des Betriebes im Kalksteintagebau Hamelspringe geben.“
Dieser Satz steht in einem Schreiben an Bürgermeister Dirk Barkowski, mit dem Steinbruch-Betreiber NNG (Norddeutsche Naturstein GmbH) am Mittwoch den geplanten Info-Abend für Bürger und Politiker abgesagt hat.
Eine Satellitenaufnahme zeigt den Steinbruch von Hamelspringe, rechts der Ort selbst.
Quelle: Google, Geobasis-de/BKG, Geocontent, Maxar Technologies
Grund ist die Klage gegen den Steinbruch-Betrieb in Hamelspringe, die eine Naturschutz-Organisation im Namen der organisierten Steinbruch-Gegner erhebt. In ihren Plänen beirren lassen will sich die NNG dagegen nicht: Statt gemeinsam mit Politik und Bürgern wolle man nun direkt mit der Stadt daran arbeiten, die Belastungen des Kalkabbaus für die Menschen in Hamelspringe zu minimieren, heißt es in dem Brief.
Barkowski sagt, er hätte sich die Möglichkeit für alle Bürgerinnen und Bürger gewünscht, sich über die Pläne zu informieren, müsse aber „die unternehmerische Entscheidung der NNG akzeptieren“, heißt es auch in einem Schreiben an Rat und Ortsbürgermeister.
Barkowski sagt, er plane selbst jetzt eine Info-Veranstaltung für Rat und Ortsräte. Diese soll Ende April stattfinden - allerdings hinter verschlossenen Türen.
Im Schreiben an Barkowski lässt die NNG durchblicken, dass sie bei sich selbst keine Versäumnisse sieht: Der Betrieb werde sich „innerhalb des immissionsschutzrechtlich genehmigten und zuletzt sowohl vom Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim sowie dem Landkreis Hameln-Pyrmont bestätigten Rahmen“ bewegen.
Man habe gar eine aktuelle Prognose der Lärm- und Staubbelastung erstellt – sowohl in Sachen Abbau als auch in Sachen Lkw-Verkehr: „Alle Grenzwerte für zulässige Immissionen nach Bundesimmissionsschutzgesetz werden sicher eingehalten.“
Die Schutzgemeinschaft klagt, weil sie die Rechtmäßigkeit der Betriebserlaubnis anzweifelt: Diese wurde seit Jahrzehnten nur verlängert, nicht aber neu ausgestellt.
Bei der Initiative geht man davon aus, dass der sporadische Abbau in den vergangenen Jahren nur dazu diente, diese Erlaubnis nicht erlöschen zu lassen. Die NNG spricht nun aber von einem „punktuellen“ Betrieb, der dazu gedient habe, „Bedarfsspitzen“ auf dem Baustoff-Markt abzudecken.
Wann genau es weitergeht mit dem Kalkstein-Abbau, ist unklar: Man wolle den Betrieb im Steinbruch „im Laufe des Jahres 2025“ fortführen, schreibt die NNG an Barkowski. Dann darf das Unternehmen pro Jahr 340.000 Tonnen Gestein pro Jahr abbauen: Die Gegner des Vorhabens rechnen mit bis zu 120 Lkw-Fahrten pro Tag durch Hamelspringe und die umliegenden Orte.
NDZ
Hamelspringe. Solidarität haben sie aus der Politik bekommen – doch weder Rat noch Stadt können in dieser Sache etwas entscheiden. Gehör haben sie auch bei den zuständigen Behörden bekommen. Mehr aber auch nicht: Die Genehmigung steht, auch wenn sie in der aktuellen Form schon 30 Jahre alt ist.
Jetzt greifen die Gegner des Steinbruch-Betriebs in Hamelspringe nach dem wohl letzten Strohhalm, der ihnen bleibt, um den erneuten Abbau von Kalk im Süntel zu verhindern: Sie ziehen vor Gericht. Eine geplante Klage ist Thema bei der Mitgliederversammlung der „Schutzgemeinschaft Sünteltal“ am Freitag, 21. Februar.
Intern diskutieren die Organisatoren diesen Schritt schon länger. Denn die Hürden sind hoch – nicht nur wegen der Kosten, die eine Klage mit sich bringt. Das Problem: Die Schutzgemeinschaft selbst ist in diesem Fall nicht klageberechtigt gegen die Betriebserlaubnis; seine subjektiven Interessen werden nicht verletzt. Das Gesetz erlaubt aber etwa Umweltverbänden, auch ohne diese Verletzung der Interessen vor Gericht zu ziehen.
Genau diesen Weg will man in Hamelspringe nun gehen: Übernehmen soll die Klage demnach der Verein Naturschutzpark Lüneburger Heide, zu dem die Schutzgemeinschaft Kontakt hat. Damit der Partner nicht auf den Kosten sitzenbleibt, werden momentan Spenden gesammelt – auch die Schutzgemeinschaft selbst will einen Beitrag leisten: Über den will der Vorstand bei der Versammlung am 21. Februar (19 Uhr, Musikhaus Hamelspringe) abstimmen lassen.
Die geplante Klage dürfte auch für zusätzlichen Zündstoff bei einem für den März geplanten Termin sorgen: Die Norddeutsche Naturstein GmbH (NNG) als Betreiber des Steinbruchs will sich dann öffentlich den Fragen von Politik und Bürgerinnen und Bürgern stellen.
Einen Termin und Ort für die Veranstaltung gibt es aber noch nicht, bestätigt Bürgermeister Dirk Barkowski: „Es ist weiterhin geplant, dass die Veranstaltung im März stattfindet.“
Der Steinbruch soll nach vielen Jahren Pause noch 2025 wieder den Betrieb aufnehmen. Geplant ist der Abbau von bis zu 340.000 Tonnen Kalk pro Jahr.
Gegner fürchten die Folgen von bis zu 120 Lkw-Fahrten pro Tag durch Hamelspringe und die angrenzenden Dörfer, aber auch Lärm, Staub und den Wertverlust ihrer Immobilien.
NDZ
Hamelspringe. Die Ankündigung hatte Ines Dreyer erfreut registriert: Anfang März, so hatte es die Stadt verkündet, wolle sich Steinbruch-Betreiber „Norddeutsche Naturstein“ den Fragen von Politik und Öffentlichkeit stellen.
Dreyer steht an der Spitze der Schutzgemeinschaft Sünteltal, die sich gegen den geplanten Betrieb im Steinbruch engagiert. Dass die NNG bei der Versammlung, für die es noch keinen offiziellen Termin gibt, plötzlich ihre Pläne beerdigt, glaubt Dreyer zwar nicht.
Den Kontakt will sie trotzdem suchen - denn bisher habe das Unternehmen auf keinerlei Anfragen oder Schreiben der Schutzgemeinschaft reagiert: „Das wäre für uns die Gelegenheit, überhaupt mit ihnen zu sprechen“, sagt Dreyer.
Die Schutzgemeinschaft hatte sich schon gegründet, als der Steinbruch 2011 als Aschedeponie im Gespräch war. Nachdem die Pläne platzten, war es lange ruhig um den Verein; die Auflösung stand im Raum. Bis klar wurde: Noch dieses Jahr soll der Betrieb im Steinbruch wieder starten - Sprengungen und Lkw-Verkehr inklusive.
Zuletzt hatten die Aktiven versucht, über Politik und Behörden die Genehmigung für den Abbau ins Wanken zu bringen - vergeblich. Aktuell prüfe man weiter alle Optionen, sagt Dreyer. Und wolle bei der Jahresversammlung am Freitag, 21. Februar, um 19 Uhr im Musikhaus in Hamelspringe darüber sprechen, wie es nun weitergehen soll.
Die Gemeinschaft fürchtet unter anderem, dass bei einem Abbau von bis zu 320.000 Tonnen Gestein im Jahr rechnerisch alle sechs Minuten ein Lkw zum oder vom Steinbruch rollen könnte - und damit auch durch den Ort.
Das war auch in der jüngsten Ortsratssitzung ein Thema: Die Politik diskutierte über die Verlegung der Schulbus-Haltestelle in der Straße Zum Mattenberg, die zum Steinbruch führt.
Und die, so die Sorge, dem Lkw-Verkehr im Weg sein könne. Die Busse würden immer größer und länger und hätten schon jetzt Probleme, die gerade erst dorthin verlegte Haltestelle anzufahren.
Doch als Alternative komme nur die an der Kreisstraße vorhandene Haltestelle in Frage. Diese sei aber trotz Überquerungshilfe – die seinerzeit vom Betreiber des Steinbruchs finanziert wurde - für die Kinder momentan nicht sicher zu erreichen.
Einen anderen ersten Schritt für die Sicherheit beschloss die Politik: Für eine schon lange im Ort geforderte Geschwindigkeitsanzeigetafel an der Kreisstraße/Ecke Am Kösterbrink gab der Ortsrat entsprechende Mittel frei, nachdem mit einer Spende der Woltersdorf-Stiftung die Finanzierung gesichert wurde.
Das besondere an der Anlage, die vom Bauhof aufgestellt werden soll: Sie kann abwechselnd in beide Fahrtrichtungen ausgerichtet werden. Zu diesen Verkehrssicherungsthemen und auch einer geforderten Tempo-30-Zone will der Ortsrat weiterhin mit der Stadtverwaltung, den Öffis und dem Landkreis im Gespräch bleiben.
NDZ
Bad Münder. Öffentlich hatte sich die Norddeutsche Naturstein GmbH (NNG) lange zurückgehalten: Mehr als eine offizielle Bestätigung, dass das Unternehmen des Steinbruch Hamelspringe nach jahrelanger Pause wieder in Betrieb nehmen möchte, gab es lange nicht.
Ändern soll sich das erst in einigen Monaten: Für Anfang März planen Stadt und NNG eine öffentliche Veranstaltung, die in erster Linie der Information von Rat und Ortsrat dient, bei der aber auch alle Bürgerinnen und Bürger Fragen, Anregungen und Hinweise loswerden können. Das hat Bürgermeister Dirk Barkowski jetzt mitgeteilt.
Im September bereits hatte der Rat von Bad Münder beschlossen, die Stadt möge erneut Kontakt mit den für Kontrollen und Genehmigungen zuständigen Behörden beim Landkreis und bei den Gewerbeaufsichtsämtern Hannover und Hildesheim aufnehmen. Die Hoffnung: Mit einem Politikbeschluss im Rücken würde die Dringlichkeit, die Genehmigung für den Steinbruch noch einmal zu hinterfragen, deutlicher wahrgenommen.
Doch dieser Wunsch scheint sich nicht erfüllt zu haben: So teilte der Landkreis, zuständig für Umweltbelange, mit, man sehe keine Regelungslücken, die eine neue Bewertung nötig machten. Die Stadt habe laut Barkowski außerdem ein Gespräch mit der Gewerbeaufsicht geführt - mit dem gleichen Ergebnis. Theoretisch bliebe damit nur der Rechtsweg, den man zwischenzeitlich bei der Bürgerinitiative „Schutzgemeinschaft Sünteltal“ geprüft hatte.
Barkowski teilt mit, er habe parallel dazu mit der NGG Kontakt aufgenommen. Dort habe man ihm versichert, Ziel sei weiterhin, den Abbau „so verträglich wie möglich zu gestalten und somit die nachteiligen Auswirkungen auf die Anwohner und die Umwelt so gering wie möglich zu halten“.
Aber wie soll das funktionieren? Das soll das Unternehmen bei einer für Anfang März geplanten Veranstaltung erklären, für die genauer Termin und Ort noch nicht feststehen. Nach einer Präsentation der NNG, so der Plan, sollen zunächst Rats- und Ortsratsmitglieder die Möglichkeit für Fragen haben - danach auch die Bürgerinnen und Bürger.
Die Ergebnisse der Veranstaltung, sagt Barkowski, nehme man dann in einen weiteren Abstimmungsprozess, bei der man mit der Firma über „weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Belastung sprechen wolle. Schließlich sollen die Ergebnisse der Gespräche vorgestellt werden. Unter anderem wird es dabei auch um Themen wie Fahrtwege der Lkw, Betriebszeiten, Lärm und Verschmutzung gehen - das gehört zu den größten Sorgen der Bürgerinitiative, aber auch der Menschen in den umliegenden Orten von Hamelspringe.
Der Zeitplan bedeutet aber auch: Wenn erst alle Gespräche abgewartet werden, könnte der Steinbruch wohl erst im zweiten Halbjahr an den Start gehen.
Die NNG will ab dem kommenden Jahr den Steinbruch wieder nutzen und dort bis zu 340.000 Tonnen Kalkstein im Jahr abbauen und abtransportieren - die Bürgerinitiative fürchtet bis zu 120 Lkw-Fahrten pro Tag zwischen Steinbruch und Bundesstraße.
Hamelspringe. Ein ruhigeres Leben wird es sicher nicht für den Uhu: Er genießt im Steinbruch Hamelspringe nicht nur durch ein eigens ausgewiesenes Gebiet den besonderen Schutz seines Lebensraums. Sondern auch die Abgeschiedenheit der vergangenen Jahre, in denen der Steinbruch ruhte.
2025 will Betreiber NNG )die Norddeutsche Naturstein GmbH) die Arbeiten wieder aufnehmen, 340.000 Tonnen Abbau im Jahr sind gestattet, inklusive Sprengungen und Lkw-Verkehr. Was macht das mit dem Uhu?
Beide Augen darauf hat der Landkreis Hameln-Pyrmont als zuständige Naturschutzbehörde. Er verweist auf Anfrage auf eine Verordnung, die regle, wie der Betrieb ablaufen muss, ohne den Uhu zu beeinträchtigen. So muss der Brutplatz des Uhus jedes Jahr durch den Landkreis selbst oder einen beauftragten Experten ermittelt werden.
Dieser Brutplatz darf dann „während des Betriebs weder zerstört noch erheblich beeinträchtigt“ werden, heißt es in den Vorschriften. Insbesondere die Brut- und Setzzeit ist dabei entscheidend: Zwischen 15. April und 31. Juli müsse vor geplanten Sprengungen oder anderen Abbrucharbeiten, die näher als 50 Meter am Brutplatz stattfinden, nach nicht flugfähigen Jung-Uhus gesucht und diese umgesetzt werden.
Der Brutplatz selbst darf nur in der Zeit von August bis Ende Januar beseitigt werden - oder aber wenn die Uhus in dem jeweiligen Jahr nicht brüten - und in beiden Fällen nur mit Zustimmung des Landkreises. Die wiederum gibt es demnach nur, „wenn ein ausreichendes alternatives Brutplatzangebot nachgewiesen oder vorher geschaffen wurde“.
Auch ein Stacheldraht-Verbot für Zäune auf dem Gelände ist Teil der Vorgaben, an die sich die NNG halten muss. All das sei mit dem Betreiber abgesprochen und werde „bei den Plänen berücksichtigt“, teilt der Landkreis mit.
Selbst über den Betrieb entscheiden kann der Landkreis übrigens nicht - zwar sei er während des Abbaus vor 2010 zuständige Aufsichtsbehörde gewesen. Vor einigen Jahren habe man diese Aufgabe aber an das Gewerbeaufsichtsamt in Hannover übertragen. Man stehe mit der Behörde in Kontakt - genau wie mit dem Betreiber selbst.
Hamelspringe. „Steinbruchgelände - betreten verboten“ steht auf dem gelben Schild - und wie zur Mahnung ist über dem Maschendrahtzaun, an dem es hängt, Stacheldraht gespannt. Botschaft: Hier soll und darf keiner durch, insbesondere nicht mehr, wenn hier im Steinbruch Hamelspringe ab dem kommenden Jahr wieder gesprengt und abgebaut wird.
Doch da gibt es jemanden, für den das Schild nicht gilt - denn er wohnt hier: der Uhu, für den der Landkreis Hameln-Pyrmont auf dem Gelände eigens ein Schutzgebiet geschaffen hat. Teil dieses Schutzgebiets: ein Stacheldraht-Verbot für den Steinbruch, um den fliegenden Uhu vor bösen Verletzungen zu schützen.
Was macht also der Stacheldraht hier? Das fragte sich auch Kay Stummeyer, der die Pläne der Norddeutschen Naturstein GmbH, den Steinbruch wieder in Betrieb zu nehmen, kritisch verfolgt. Er hakte beim Landkreis nach - und bekam die Information: Für den Stacheldraht gebe es nicht nur eine Art Bestandsschutz - er sei auch nicht gefährlich. Wie passt das mit dem Verbot zusammen?
Beim Landkreis heißt es, der Zaun in seiner heutigen Form (unten Maschendraht, oben Stacheldraht) sei etwa im Jahr 2004 errichtet worden - als der Steinbruch noch in Betrieb war. Das war 14 Jahre, bevor der Landkreis die Verordnung schuf, die den Einbau von Stacheldraht ausdrücklich verbietet.
Beim Landkreis heißt es, diese Regelung gelte nur für Zäune, die seit 2018 gebaut würden. Soll heißen: Was dort steht, hat Bestandsschutz und kann auch nicht nachträglich angemahnt oder geahndet werden.
Mehr noch: Der Stacheldraht sei gar keine Gefahr für den Uhu, weil er aufgrund seiner engmaschigen Beschaffenheit für den Vogel sehr gut erkennbar und direkt über dem Maschendraht angeordnet sei. Gefährlich sei, teilt der Landkreis mit, ein Zaun mitten in der freien Landschaft, der zudem durch seine Beschaffenheit schlecht erkennbar sei.
Trotzdem will man beim Landkreis nun Stummeyers Anfrage nutzen, um aktiv zu werden: Man werde mit Betreiber NNG darüber sprechen, ob dieser den Stacheldraht entfernen wolle - rein vorsorglich.
Hamelspringe. An der Hamelspringer Sporthalle wird Boule gespielt. Die Teilnehmer des kleinen Turniers sind entspannt, schieben beim Feierabendbierchen eine ruhige Kugel. Nur eine Mauer weiter in der Halle sieht das anders aus, nicht nur die Stimmung, auch die Luft ist aufgeheizt. Viele sind gekommen, um sich über ein Vorhaben zu informieren, gegen das sich im Ort, aber auch in den Nachbardörfern Widerstand formiert. Die Ankündigung des Unternehmens Norddeutsche Naturstein Gmbh (NNG), im kommenden Jahr nach rund 14 Jahren ohne größere Aktivitäten wieder den Gesteinsabbau im Steinbruch Hamelspringe aufnehmen zu wollen, hat viele alarmiert. Insbesondere die Mitglieder der Initiative „Schutzgemeinschaft Sünteltal“, die sich gemeinsam mit einer Arbeitsgemeinschaft gegen die Wiederaufnahme des Betriebs stemmen.
Die Initiative hatte zur öffentlichen Info-Versammlung in die TSV-Sporthalle geladen. Für Sprecherin Ines Dreyer ein Déjà-vu - und daran erinnert sie auch bei der Eröffnung der Versammlung: Im März 2012 war die Sporthalle auch voller Menschen gewesen, die sich über die Vorhaben im Steinbruch informieren lassen wollten. Damals ging es um die Einlagerung von Verbrennungsrückständen aus Kraftwerken. Zu der ins Auge gefassten Asche-Deponie kam es jedoch nicht. Nun steht sehr deutlich im Raum, womit viele Hamelspringer aufgrund der langen Unterbrechung nicht mehr gerechnet hatten: Die Wiederaufnahme des Gesteinsabbaus. Sprengungen, Lärm, Staub, Verkehr und viele andere Faktoren inklusive - und das will die Schutzgemeinschaft Sünteltal verhindern.
Peter Richard eröffnet die Info-Veranstaltung mit der Kernforderung: "Keine Wiederaufnahme des Gesteinsabbaus".
Quelle: Jens Rathmann
Ihre Kernforderung, die Peter Richard gleich zu Beginn unmissverständlich formuliert: Seit Beginn des Abbaus vor fast 70 Jahren seien Auflagen für einen verbesserten Schutz von Menschen, Natur und Umwelt „kaum erlassen, geschweige denn durchgesetzt“ worden. „Das heißt nichts anderes, als dass der Steinbruch unter den Bedingungen des letzten Jahrtausends betrieben wird. Ohne dass die Behörden eingreifen können oder teilweise auch wollen. Wir verlangen, dass die bestehende Abbaugenehmigung widerrufen und ein zeitgemäßer Schutz von Mensch, Natur und Umwelt hergestellt wird. Keine Wiederaufnahme des Gesteinsabbaus. Es reicht“, fasst Richard zusammen.
2012 war es nach Bekanntwerden der Überlegungen der Forstgenossenschaft, Eigentümerin des Steinbruch-Geländes, zur Asche-Einlagerung zu Konflikten in Hamelspringe und den angrenzenden Orten gekommen, zu gegenseitigen Vorwürfen und zur Bildung unterschiedlicher Lager. Dreyer macht deutlich, dass die Initiative eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema wünscht. Unterschiedliche Auffassungen seien „bei diesem brisanten und mit weitreichenden Folgen behafteten Thema“ unvermeidbar, aber: „Ein sachlicher Umgang miteinander gibt uns allen die Chance, auch die nächsten 30 oder 40 Jahre friedlich in den Dörfern miteinander leben zu können“, erklärt sie.
„Der Abbau im Steinbruch könnte sofort starten. Gleich morgen. Es gibt eine gültige Genehmigung, die noch bis Mai 2025 Bestand hat. Weder der Landkreis noch die Gewerbeaufsichtsämter Hannover und Hildesheim sehen zurzeit einen Grund, die Genehmigung zu stoppen oder aufzuheben“, berichtet Dreyer. Sowohl beim Landkreis als auch bei den Gewerbeaufsichtsämtern, so Dreyer, verstehe man Sorgen und Bedenken, sei aber an das Recht gebunden - und das sei eindeutig. „Die Abbaugenehmigung bleibt bestehen. Es wird also nicht geprüft, ob die Gegebenheiten noch so sind wie zu dem Zeitpunkt, als sie erstmals erteilt wurde. Sie wird fortlaufend weiter genehmigt und durchgewunken“, weiß Dreyer. Eine rechtliche Handhabe bestehe für die Initiative nicht.
Eine Umwelt-Verträglichkeitsprüfung wäre nach Darstellung der Initiative ein langwieriges Verfahren und nicht in ein paar Wochen zu absolvieren. „Dennoch werden wir weiter auf eine UVP drängen, weil wir denken, dass es eine Möglichkeit gibt, das Ganze doch noch zum Stillstand zu bringen“, sagt Dreyer. Sie berichtet auch, was zum Thema Immissionsschutz in Erfahrung gebracht wurde - und was ihrer Meinung nach kaum zu glauben sei: Ein mobiler Brecher, wie er in Hamelspringe zum Einsatz kommen soll, sei genehmigungspflichtig und werde auch von den Behörden überprüft. „Die Krux: Es wird einen Mittelwert der Lärmbelästigung als Grundlage genommen. Wir haben dann also eine Betriebserlaubnis von 6 bis 22 Uhr an fünf Tagen in der Woche. Das bedeutet bei 16 Stunden täglich: Wenn die NNG abends um 17 Uhr aufhören würde zu arbeiten, dann wurde der Lärm bis 17 Uhr gemessen, der Wert aber auf 16 Stunden, also bis 22 Uhr gerechnet, aufgeteilt. Das heißt: Wir würden im Leben nie über diesen Wert kommen, der den Betrieb untersagt. Das ist bizarr und paradox, aber rechtlich einwandfrei“, stellt Ines Dreyer fest.
Sie erinnert auch an den im Steinbruch nistenden Uhu, der per Verordnung als besonders schützenswert eingestuft sei: „In den letzten 14 Jahren hat sich da oben im Steinbruch ein Ökosystem entwickelt, welches in Gänze schützt werden sollte.“ Wie genau sich das aber entwickelt habe, sei ihres Wissens nach nicht untersucht worden. „Es geht niemand rein in den Steinbruch. Ich wüsste nicht, dass die Naturschutzverbände Zutritt haben“, macht sie deutlich. Angesprochen werden auch die Themen Trinkwasserschutz und Verkehrsbelastung. Bei bis zu 340.000 Tonnen Gestein, das pro Jahr abgebaut werden könne, seien 120 bis 140 Lkw-Fahrten durch den Ort und das Deister-Sünteltal zu erwarten. „Die NNG versorgt so ungefähr den gesamten Norden mit Gestein. Alles, was Richtung Norden geht - Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern. Das sind Wirtschaftsunternehmen, die hierher kommen und ihr Gestein abholen - die werden sich von uns keine Strecken vorschreiben lassen, wo sie langfahren dürfen“, stellt Dreyer fest. Die Gewerbesteuer der NNG werde in Sachsen-Anhalt bleiben, für den Süntelrand bleibe „Krach, Verkehr“. In Hamelspringe könnten sich viele noch an den Abbau von früher erinnern, der habe jedoch lediglich ein Drittel der aktuell in den Blick genommenen Abbaumenge betragen. Gesundheitliche Auswirkungen und Wertverluste bei Immobilien seien zu erwarten.
Es wird stiller in der Halle, die Kommentare aus den Besucherreihen seltener. Dreyer kommt zu „guten Informationen“, die die Initiative in den vergangenen Wochen erhalten habe. Darunter eine Anfrage im niedersächsischen Umweltministerium zur Prüfung in den Fachabteilungen, die mit Unterstützung der Grünen-Landtagsabgeordneten Britta Kellermann gestellt wurde. Darin gehe es um ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Lüneburg, das einen sporadischen Abbau in einem Steinbruch ausschließlich zur Aufrechterhaltung einer Abbaugenehmigung für unzulässig erklärt habe. „Das ist eigentlich unsere Situation hier in Hamelspringe. Es ist hier so gewesen, dass die NNG sporadisch ein paar Lkw im Jahr abgebaut hat, damit diese Abbaugenehmigung nicht erlischt. Das hat das OVG für einen anderen Steinbruch als unzulässig gecancelt.“ Die Initiative lege große Hoffnungen in diese Prüfung, die bedeuten könne, dass die Abbaugenehmigung erlösche und neu beantragt werden müsse - unter den heute gültigen Voraussetzungen.
Unterstützung erfahre die Initiative in ihrem Anliegen in der Rats- und Kreistagspolitik, in der Landespolitik und durch heimische Bundestagsabgeordnete. „Sehr gern würden wir auch mit der Forstgenossenschaft als Eigentümerin des Steinbruchs und auch der NNG ins Gespräch kommen. Allerdings ist noch kein Gespräch zustande gekommen - und die NNG reagiert nicht auf Anfragen von uns“, bedauert die Sprecherin.
Als Mitglied der Initiative berichtet Christian Ulf Petzold aus Gesprächen mit Vertretern des Landkreises Hameln-Pyrmont und des Gewerbeaufsichtsamtes Hildesheim. „Worum es jetzt geht ist tatsächlich, gegen eine bestehende Genehmigung eines Wirtschaftsunternehmens anzugehen“, macht er deutlich. Seine Erfahrung im Kreishaus fasste er kurz Zusammen: „Wir stellen Unterlagen zusammen“ und „Wir sind nicht mehr zuständig“ habe er gehört, Leiter des Umweltamtes habe ihm zum Betreiber NNG „Die passen schon auf die Umwelt auf“ gesagt. Beim Termin mit dem Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim, den er gemeinsam mit Dr. Kai Witthinrich wahrgenommen habe, sei der Leiter des Amtes ihr Gesprächspartner gewesen. Das dortige Gewerbeaufsichtsamt ist die aufsichtsführende Stelle, während das Gewerbeaufsichtsamt Hannover die genehmigende Stelle sei. „Der Termin war gut. Es war auf Augenhöhe - und das Gewerbeaufsichtsamt macht einen guten, richtigen Job. Auch wenn wir alle hier das vielleicht gar nicht hören wollen.“ Die bisherige, von Petzold als „feigenblattartig“ beschriebene Abbaumenge von 4,6 Tonnen alle drei Jahre diene lediglich dazu, die Abbaugenehmigung zu erhalten. Nicht verfallen zu lassen.
Er sieht diesen Punkt nach der Entscheidung des OVG Lüneburg als möglichen Ansatz, denn: Aktuell habe das Gewerbeaufsichtsamt keine Handhabe. Die große Hoffnung liege in einer neuen Umweltverträglichkeitsprüfung. Auch, wenn dabei hauptsächlich der Landkreis befragt werde. „Wir versprechen uns vom Umweltamt des Landkreises gar nichts. Aber das ist ehrlicherweise alles, was wir im Moment haben“, sagt Petzold. Außerhalb des Protokolls habe er bei Fachleuten ein Erschrecken über die Lage des Abbaugebietes und die Rahmenbedingungen wahrgenommen - insbesondere über die Lärmschutzauflagen aus dem Jahr 1976. Ein „Funfact“ für ihn: Die Dezibel-Belastung, die in Bad Münder ankommen dürfe, sei viel geringer als die, die für das deutlich nähere Hamelspringe gelte. Warum? Weil Bad Münder ein Kurort sei.
Nach der Veranstaltung in der Sporthalle ziehen einige Teilnehmer zum Steinbruch-Tor.
Quelle: Privat
Rund 70 Minuten dauert sie Info-Veranstaltung, in der auch auf Fragen der Teilnehmer nach Klagemöglichkeiten und Positionen der Stadt, des Rates, eingegangen wird. Im Anschluss macht sich eine kleinere Gruppe auf, Interessierten einen besseren Eindruck von den Gegebenheiten zu vermitteln. Am verschlossenen Steinbruchtor ist für die Gruppe allerdings - erwartet - Schluss. Für Freitag habe sich ein Fernsehteam angekündigt, dass über die Steinbruch-Problematik in Hamelspringe berichten will, kündigt Dreyer an
Hamelspringe/Bad Münder. Mit möglichst breiter Brust signalisieren, dass die von der Norddeutschen Naturstein GmbH angekündigte Wiederaufnahme des Gesteinsabbaus im Steinbruch Hamelspringe unter den Maßgaben bereits vor vielen Jahren erteilter Genehmigungen ohne eine neuerliche Prüfung kritisch gesehen wird. „Es ist für uns eine Haltungsfrage. Wir können hier nicht beschließen, dass die Wiederinbetriebnahme nicht kommt. Aber wir können deutlich machen, dass wir die Wiederinbetriebnahme ohne eine neuerliche Überprüfung ablehnen. Weil wir es nicht in Ordnung finden, dass dieses Vorhaben ohne nochmalige Überprüfung so in Gang gesetzt wird“, erklärte André Hillebrand für die Gruppe aus Bad Münder kann mehr/proBürger. Eine Neuüberprüfung sei wichtig, weil die bestehenden Genehmigungen für den Betrieb des Steinbruchs zum Teil schon Jahrzehnte alt seien. „Sie wurden immer wieder verlängert. Und es gibt viele Bestimmungen, die sich über die Jahre verschärft haben, die in der aktuellen Form nicht berücksichtigt werden“, sagte Hillebrand.
Eine Positionierung, die die CDU-Fraktion nicht mitgehen will, weshalb sie einen eigenen Antrag entwickelt hatte. In der Petition, die die Schutzgemeinschaft Sünteltal eingebracht hatte und auf die sich die Gruppen und Fraktionen im Rat bezogen, wird die Stadt gebeten, beim Landkreis und beim Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim alles Erforderliche dafür zu tun, dass die Belastung für die Bevölkerung so gering wie möglich gehalten werden kann und „veraltete Auflagen für den Steinbruch Hamelspringe auf den heutigen Standard gesetzt werden“. „Wir sagen dazu, dass alle bereits durchgeführten Überprüfungen zu berücksichtigen sind“, machte CDU-Fraktionschef Hans-Ulrich Siegmund deutlich. Und er betonte die Position seiner Fraktion, die Stadtverwaltung und Landkreis auffordert, sich um alle möglichen Verbesserungen der Situation bei Wiederaufnahme des Steinbruchs zu bemühen. „Wir haben den Antrag gestellt, weil wir uns absetzen von dem gemeinsamen Antrag von SPD, Grünen, Bad Münder kann mehr und proBürger, denn wir meinen, dass die Prüfung ja schon stattgefunden hat.“
Wenn die wollten, könnten die morgen anfangen
Hans-Ulrich Siegmund
CDU-Fraktionschef
Er zitierte aus einer Antwort der Behörden auf eine Anfrage der Stadtverwaltung: „Derzeit ist nicht zu befürchten, dass es zu einer erheblichen oder gar zu einer schädlichen Einwirkung auf Menschen oder die Umwelt kommt. Die Auswirkungen wurden bereits im Rahmen der bisherigen Genehmigungsverfahren geprüft und bewertet“, so Siegmund. Seine Feststellung: „Da kann man doch nicht so tun, als ob wir jetzt noch einmal alles neu in Gang bringen, obwohl die Antwort doch eigentlich schon klar ist. Es darf nicht sein, dass hier falsche Erwartungen geweckt werden. Wenn die wollten, könnten die morgen anfangen.“
Die Zielsetzung des gemeinsamen Antrages der beiden Ratsgruppen betonte Wilfried Hartmann als Sprecher der SPD/Grüne-Gruppe: „Wenn man dort einen Steinbruch nach den heute geltenden Regeln neu eröffnen wollte, dann würde das aller Wahrscheinlichkeit nicht mehr bewilligt werden. Den Bürgern tut das wahnsinnig weh, wenn da über 14 Jahre nicht abgebaut wird, sondern nur zum Erhalt der Genehmigung ein Sandhaufen von links nach rechts geschoben wird, um zu dokumentieren, dass die Genehmigung noch nicht verfallen ist.“ Er kritisierte, dass der Konzern NNG bislang nicht mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort kommuniziert habe. Eine gemeinsame Petition stärke auch die Position gegenüber der Süntelwald-Genossenschaft und dem Realverband mit der Aufforderung, die Belange der Bürger zu schützen und nicht „einfach zu verpachten und damit Geld zu verdienen“. Hartmann: „In Hamelspringe hat es ein Bürger auf den Punkt gebracht: Das ist unsere Heimat, und die muss erhalten bleiben.“
Ines Dreyer von der Schutzgemeinschaft Sünteltal würde mit ihren Mitstreitern die Wiederinbetriebnahme des Steinbruchs gerne verhindern.
Quelle: Jens Rathmann
Susanne Bubat-Hahn, SPD-Ratsfrau und Einwohnerin Hamelspringes, machte deutlich, dass die Sicherheit im Ort „mehr als gefährdet“ sei, letztlich aber auch die Verkehrssicherheit in Bad Münder. Insbesondere die Situation der Schulkinder stellte sie heraus. „Die Situation ist mehr als unbefriedigend. Hier kann sich keiner rausreden, das ist ein Thema, das alle betrifft.“
Ingo Nagel, CDU-Fraktionsmitglied, stellte seine Position vor: Die Verwaltung habe die Sachlage klar dargelegt. Der CDU-Antrag befasse sich damit, wie die Belastungen abgemildert werden könnten. „Wenn die Betreiber wollen, dann machen die morgen das Tor auf und der Steinbruch ist in betriebt. Das können wir nicht verhindern. Die Sorge ist ja auch berechtigt - na klar entsteht dort Lärm und Staub, Gefahren. Das ist mir bewusst. Aber es gibt eine bestehende Genehmigung. Wenn jemand das verhindern will, dann muss er klagen“, stellte Nagel fest. Seine Feststellung in Richtung der Ratsgruppen: „Diesen Realitäten sehen Sie nicht ins Auge.“
CDU und AfD schlossen sich dem Antrag der Gruppen nicht an. Eine Enthaltung gab es von Bürgermeister Dirk Barkowski, der zuvor seine Position erläutert hatte: „Nach Bekanntwerden der Inbetriebnahme ist die Stadtverwaltung aktiv geworden und hat die Genehmigung überprüft.“ Festgestellt wurde, dass sie gültig und eine Wiederinbetriebnahme daher nicht zu verhindern sei. Barkowski habe vorgeschlagen, mit allen Beteiligten ins Gespräch zu gehen, um die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten. Nach Erhalt der Petition der Schutzgemeinschaft Sünteltal habe die Verwaltung erneut die Behörden angefragt. „Jetzt besagt der Antrag der Gruppen, dass wir es ein drittes Mal tun sollen. Und darin steht, dass die Verwaltung beauftragt wird und sich einsetzen soll. Das haben wir, meine Stadtverwaltung und ich, schon lange vor der Petition getan. Deshalb tue ich mich mit dieser Beschlussempfehlung schwer“, so der Bürgermeister. Er nehme für sich sich und die Stadtverwaltung in Anspruch, dass „wir uns auch ohne Aufforderung durch die Politik für Bürgerinnen und Bürger einsetzen.“
Hamelspringe. „Derzeit ist nicht zu befürchten, dass es zu einer erheblichen oder sogar zu einer schädlichen Einwirkung auf Menschen oder die Umwelt kommt.“
Das schrieben Gewerbeaufsichtsamt und Landkreis Hameln-Pyrmont schon Mitte August an die Stadt Bad Münder. Thema: der für 2025 geplante Neustart des Steinbruchs in Hamelspringe - und die Gegenwehr aus dem Ort über die Bürgerinitiative „Schutzgemeinschaft Sünteltal“.
Die hatte sich seit Bekanntwerden der Pläne ebenfalls neu formiert und geht gegen das Vorhaben der Firma „Norddeutsche Naturstein“ vor: Ab 2025 sollen hier pro Jahr bis zu 340.000 Tonnen Kalkstein aus dem Gestein gesprengt und für Straßenbau und andere Vorhaben verkauft werden - knapp 15 Jahre nach dem weitestgehenden Einstellen des regelmäßigen Betriebs.
Doch mehr als den Protest haben die Bürgerinnen und Bürger bislang nicht. Zwar hat sich auch die heimische Politik zum Großteil auf ihre Seite geschlagen, fordert wie die SPD das komplette Aus für den Betrieb - mindestens aber, wie eine deutliche Ratsmehrheit Ende September beschloss, eine Neubewertung der Genehmigung.
Denn die stammt in ihrer heutigen Form aus dem Jahr 1995, wurde verlängert, aber nicht verändert. Und soll so auch weiterhin gelten. Das haben Bürgerinitiative, Politik und auch die Stadt nun noch einmal schriftlich. Denn der Rat hatte Ende September nicht nur seine Unterstützung für die Initiative beschlossen, sondern auch, dass die Stadt diese Position an Gewerbeaufsichtsämter und Landkreis Hameln-Pyrmont übermitteln.
Die Behörden sind in einem etwas kompliziert erscheinenden Konstrukt für den Steinbruch zuständig: So teilen sich die Gewerbeaufsichtsämter Hannover und Hildesheim die Genehmigung und Kontrolle des Betriebs; der Landkreis Hameln-Pyrmont ist als Umweltbehörde für alle Umweltbelange zuständig - am Steinbruch wie anderswo.
Eine Neubewertung der Vorgaben ist nicht erforderlich.
Landkreis Hameln-Pyrmont
Genau mit diesen Behörden, das beschloss der Rat Ende September, solle die Stadt weitere Gespräche führen und dort die Bitte vermitteln, die Genehmigung „auf Grundlage der aktuellen gesetzlichen Vorgaben“ neu zu prüfen - insbesondere in Sachen Umwelt- und Naturschutz, Feinstaub, Trinkwasser oder Tiere und Pflanzen, genau wie Lärmschutz.
Nur kursiert in der Politik ein Antwortschreiben des Landkreises auf die Bitte von Rat und Stadt, das zeigt: Auch Landrat Dirk Adomat selbst ist in Gesprächen in die Sache involviert. Tenor des Briefs: Es gibt eine Genehmigung - daher seien „nachträgliche Anordnungen (...) entbehrlich und eine Neubewertung der Vorgaben nicht erforderlich“.
Selbst die aktuelles Gesetzeslage lasse keinen Grund für eine Neubewertung der Situation zu: „Eine Einflussnahme auf die Genehmigung ist somit nicht möglich.“ Ohnehin verweist der Landkreis darauf, zwar die Genehmigung in den 1990er Jahren erteilt zu haben - heute sei er aber eben dafür nicht mehr zuständig, sondern das Gewerbeaufsichtsamt.
In Sachen Naturschutz stehe man mit Betreiber NNG in Kontakt - „alle erforderlichen artenschutzrechtlichen Vorgaben werden berücksichtigt“. Die Trinkwasserqualität werde - trotz der nähe zu einer Quelle nicht gefährdet: „Auch aus heutiger Sicht ist der Gesteinsabbau hier wasserrechtlich genehmigungsfähig und vertretbar.“
Von dem von Rat und der Stadt gewünschten Gesprächstermin verspreche man sich unter dem Strich keine neuen Erkenntnisse, stehe aber „selbstverständlich zur Verfügung“. Die NNG selbst hat sich bislang öffentlich kaum zu den Plänen geäußert - lediglich im Mai teilte das Unternehmen mit, den Betrieb „im Laufe des Jahres 2025″ fortzusetzen.
Man leiste damit „einen wichtigen Beitrag zur regionalen Rohstoffversorgung im Weserbergland“, insbesondere mit Blick auf eine größere Nachfrage im Tief- und Straßenbau. Man werde sich „selbstverständlich“ bei Abbau und Aufbereitung (wie vorher mit einer mobilen Brechanlage) an alle Lärmschutz-Vorschriften halten.
Der Betrieb samt Abtransport des Gesteins per Lkw soll in einer oder zweit Schichten zwischen 6 und 22 Uhr erfolgen: „Dies entspricht der Art und Weise, in welcher der Tagebau bereits seit mehr als 50 Jahren vorschriftsmäßig und zuverlässig vor Ort betrieben wird.“
Hamelspringe. In den Dörfern rund um Hamelspringe verfolgt man die Planungen mit Sorge: Auf welcher Strecke rollen am Ende die bis zu 120 Lkw, die ab 2025 den Steinbruch ansteuern, der nach vielen Jahren Pause wieder an den Start geht? Geklärt ist das noch nicht - genauso wenig wie ein anderer Umstand: Wie genau kommen die Lkw eigentlich aus Hamelspringe zum Steinbruch und zurück?
Eine Straße gibt es hinauf in den Mattenberg; sie wurde auch vor vielen Jahren schon genutzt, als im Steinbruch zuletzt im großen Stile abgebaut wurde. Doch anders als lange vermutet ist die Verlängerung der Straße „Zum Mattenberg“ nicht städtisch und öffentlich. Sondern ein Privatweg. Er gehört dem Realverband Hamelspringe, einem Zusammenschluss von Eigentümern, die Wege, Gewässer oder Felder gemeinsam verwalten. Der Vorsitzende Jobst-Wilhelm Garbs bestätigt der NDZ die Besitzverhältnisse. Betroffen sei der gesamte Abschnitt ab der Kreuzung Zum Mattenberg/Zur Hamelquelle.
Garbs betont, grundsätzlich dürfe ein Privatweg nur von den Eigentümern befahren werden. Wenn nun Steinbruch-Betreiber NNG (Norddeutsche Naturstein GmbH) dort im großen Stile Lkw-Verkehr plane, müsse man sich als Realverband entsprechend rechtlich absichern: Nötig sei ein Vertrag, der den Realverband von der Haftung für den Weg entbinde. Man befinde sich in Gesprächen mit dem Unternehmen - wenn es einen Vertrag gebe, so Garbs, müssten am Ende die Mitglieder des Verbands darüber entscheiden.
Wann genau die NNG plant, den Betrieb im Steinbruch wieder aufzunehmen, ist weiter unklar. Das Unternehmen aus Sachsen-Anhalt selbst hatte im Mai nur auf das Jahr 2025 verwiesen. Punkte wie das Recht, den Weg durch den Wald zum Steinbruch zu nutzen, wird man dort zuvor klären wollen.
Eine Bürgerinitiative, die Schutzgemeinschaft Sünteltal, engagiert sich gegen die Wiederaufnahme des Steinbruch-Betriebs. Die mündersche Rats-Politik hatte zuletzt auch mit Verweis auf das Engagement der Initiative die Forderung beschlossen, die bestehende Genehmigung aus dem Jahr 1995 erneut auf den Prüfstand zu stellen. Geschehen wird das aber offenbar nicht - die zuständigen Behörden sehen dafür keine Notwendigkeit. Verantwortlich für Genehmigung und Überwachung des Steinbruch-Betriebs sind die Gewerbeaufsichtsämter Hildesheim und Hannover.
Lässt sich der neuerliche Betrieb nicht verhindern, drängen etwa Initiative, aber auch Politik darauf, die Einschränkungen für Anlieger durch Staub, Lärm und Verkehr möglichst gering zu halten. Es gibt aber auch Stimmen innerhalb der Politik, die dafür werben, der NNG als Arbeitgeber und vor Ort aktives Unternehmen möglichst wenige Steine in den Weg zu legen.
Hamelspringe. Darf ein Steinbruchbetreiber über viele Jahre nur sporadisch ein paar Lkw-Ladungen voll Gestein abbauen - nur, damit seine Betriebserlaubnis nicht erlöscht? Bei der Bürgerinitiative „Schutzgemeinschaft Sünteltal“, die sich gegen den Neustart des Betriebs im Steinbruch Hamelspringe einsetzt, war man auf ein Urteil gestoßen, das genau das untersagt.
Und: Die Initiative war sich sicher, einen Präzedenzfall gefunden zu haben. Einen, der auf Hamelspringe passt. Denn auch dort will Betreiber NNG (Norddeutsche Naturstein GmbH“ ab dem kommenden Jahr mit einer Genehmigung aus dem Jahr 1995 arbeiten, die bis heute gültig ist. Und auch dort, so die Initiative, habe die NNG die Genehmigung über Jahre mit dem Abbau geringer Mengen aufrecht erhalten.
Bei einer großen Bürgerversammlung im Sommer hatte Initiativen-Sprecherin Ines Dreyer erklärt, im Niedersächsischen Umweltministerium werde auch auf Bitten der Grünen-Landtagsabgeordneten Britta Kellermann das Urteil und dessen Auswirkung auf Hamelspringe geprüft, man lege große Hoffnungen in diese Prüfung.
Hoffnungen, die nun enttäuscht wurden. Dreyer erklärt, aus Sicht des Ministeriums sei das Urteil auf die Situation in Hamelspringe so nicht anwendbar. Der Knackpunkt scheint zu sein, dass es sich im Fall des Urteils um einen neu erschlossenen Steinbruch handelte - und nicht um einen, der seit vielen Jahrzehnten da sei.
Gibt es überhaupt noch eine Möglichkeit für die Initiative, den Steinbruchbetrieb zu unterbinden? Dreyer sagt, man prüfe gerade intern, ob und wie eine Klage gegen die Genehmigung möglich ist. Herausforderung: Klagen könne nicht die Schutzgemeinschaft selbst, sondern nur etwa betroffene Anlieger oder bestimmte Verbände, die von den Genehmigungen betroffen sind. Auch Teil der Debatte: die Finanzierung eines solchen Rechtsstreits.
Dass zuletzt der Landkreis schriftlich erklärt hatte, keinen Anlass für einen neuen Blick auf die Genehmigung zu sehen (und ohnehin nicht zuständig zu sein), enttäuscht Dreyer: Man hätte sich als Initiative gefreut, wenn sich der Landkreis trotzdem „für uns eingesetzt hätte, schließlich sind wir auch Landkreis-Bürger“.
Auch die NNG selbst reagiere nicht auf Anfragen oder auf Einladungen wie zu der Infoveranstaltung im Somme: „Sie meldet sich nicht bei uns, das ist sehr schade.“ Beschäftigt ist das Unternehmen offenbar auch mit einem Aspekt, der gerade erst öffentlich geworden war: Der Weg vom Ortsausgang hoch zum Steinbruch ist in Privatbesitz: Befahren dürfen ihn die NNG-Lkw erst, wenn es eine Haftungsvereinbarung mit dem Realverband als Eigentümer gibt.
Bad Münder. Es ist ein Standort mit Tradition: Schon am 3. Februar 1887 veranstaltete der „Genossenschaftsforst am Süntel“ morgens um 10 Uhr einen Holzverkauf an der Bergschmiede, wie er per Zeitungsanzeige verkündete. Doch auch als Ausflugsgastronomie blickt dieser Teil des Süntels auf eine lange Geschichte zurück: So war es nach dem Zweiten Weltkrieg Otto Gerke, der hier ein beliebtes Restaurant führte.
Zuletzt hatte hier 27 Jahre lang die Familie Pojtinger das Zepter in der Hand, servierte im Familienbetrieb für Gäste, Vereine, Firmen, Ausflügler. Auch als Start- und Zielort des beliebten Söltjerlaufs stand die Bergschmiede lange Pate. Noch heute zeugen viele Beurteilungen im Internet von der Beliebtheit des Ausflugsrestaurants mit Biergarten und Außengastronomie in den warmen Monaten. Beim Reise- und Ausflugsportal „Tripadvisor“ gehört es bis heute zu den fünf beliebtesten Restaurants im Stadtgebiet.
Bis zum Jahr 2023. Da verkündete die Familie das Aus, aus gesundheitlichen Gründen sei Schluss. „Das ist hart, aber es ist leider so“, sagte damals Wirtin Eva-Kathrin Pojtinger. Sie und ihre Mitstreiter kündigten den Pachtvertrag mit der Reihebürgerschaft, der die Immobilie gehört. Und die hier, direkt nebenan, auch das Büro ihrer Forstverwaltung betreibt. Der Organisation gehören unter anderem Teile des Süntelwalds. Mit 1710 Hektar Besitz ist sie nach eigenen Angaben einer der größten Forst-Realverbände in ganz Niedersachsen.
Nun hat sich die Reihebürgerschaft entschieden, einen neuen Pächter für den Traditionsbetrieb im Fachwerkbau zu suchen: Wer bereit ist, 2500 Euro im Monat plus Nebenkosten und Provision auf den Tisch zu legen, kann sich hier gastronomisch austoben. Über einen Makler bietet der Eigentümer die denkmalgeschützte Lokalität momentan an. Neben den knapp 280 Quadratmeter großen Gasträumen auf dem 411 Quadratmeter großen Grundstück gehören zwei rund 70 Quadratmeter große Wohnungen zu dem Ensemble. Gesucht werde ein „ambitionierter und seriöser neuer Pächter“, der die Wohnungen womöglich selbst oder für Personal nutzen könne.
Klein Süntel. Historische Fundamente einer ehemaligen Glashütte – und zwar einer Hütte, die nach ihrer Freilegung in direkter Nachbarschaft zum Feuerwehrhaus Klein Süntel Teil umfangreicher wissenschaftlicher Untersuchungen war. Als einziger deutscher Standort einer Anlage mit Rauchgaskegel sind die Schürkanaleingänge für Besucher sichtbar. Die dafür notwendigen Arbeiten sind nun abgeschlossen. Hermann Wessling vom Verein Forum Glas, der das Projekt von Beginn an vorangetrieben hatte, stellte den aktuellen Stand nun gemeinsam mit Architekt Peter Nehmann vor.
Zwei Schürkanäle der alten Glashütte - Besonderheiten des Denkmals - bleiben für Besucher sichtbar.
Quelle: Jens Rathmann
Vor rund einem Jahr hatten Vertreter unterschiedlicher Stellen darüber beraten, wie nach Abschluss der Erforschung und Dokumentation mit dem Kulturdenkmal verfahren und das Areal gestaltet werden könne. Beteiligt waren Vertreter vom Wissenschaftsministerium bis zum Ortsrat, vom Landesamt für Denkmalpflege kam dann ein Vorschlag, der umgesetzt wurde: Die Sicherung des Großteils des Bauwerks unter Sand und einer Extensivbegrünung, wobei zwei Schürkanäle für Besucher weiterhin sichtbar bleiben und ein befestigter Weg zu den zentralen Punkten führt.
Die Sicherung auf diese Weise ermöglicht die erneute Öffnung, sollte später einmal weiter an der Glashütte geforscht werden. Wie bei den vorausgegangenen Projektschritten auch machte sich Wessling daran, Mittel für das Projekt einzuwerben. Er fragte eine Leader-Förderung an, die Lokalen Arbeitsgruppe (LAG) billigte den Antrag. Die Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung sagte Gelder zu, erhöhte ihre zunächst zugesagte Summe sogar auf 25 000 Euro. Die Ardagh Group in Bad Münder unterstützte das Vorhaben ebenfalls mit einer Spende, das Wissenschaftsministerium schloss schließlich eine unerwartete eine Finanzierungslücke – die Neugestaltung konnte von der Firma Siemen in Angriff genommen werden. „Das ist wirklich schon ein gewaltiger Schritt, den wir da nach vorne gemacht haben“, sagte Wessling.
Hamelspringe. Kalksteinbrüche und Uhus - eine ganz besondere Beziehung. Uhus finden in Kalksteinbrüchen oftmals, was sie zum Überleben dringend benötigen: sichere Brutplätze. Der Steinbruch in Hamelspringe, seit vielen Jahren aus der intensiven Nutzung genommen, ist Teil des EU-Vogelschutzgebietes „Uhu-Brutplätze im Weserbergland“. Das Interesse von Umwelt- und Naturschützern im Zusammenhang mit dem Steinbruchgelände geht aber weit über die Uhu-Vorkommen hinaus, und das nicht erst seit Bekanntwerden der jüngsten Pläne der Betreibergesellschaft NNG, ab dem kommenden Jahr wieder im großen Stil Gestein in Hamelspringe abzubauen. Seit rund 14 Jahren fand im Steinbruch kein intensiver Abbau statt, das Gelände konnte sich ohne größere Eingriffe entwickeln, Tier und Pflanzenarten ansiedeln.
Während einer Infoveranstaltung in Hamelspringe informiert Nabu-Vorsitzender Matthias Großmann über die Sicht des Nabu auf das Reaktivierungs-Vorhaben.
Quelle: Jens Rathmann
Die heimische Ortsgruppe des Nabu hatte den Steinbruch im Blick, die letzte Begehung liegt inzwischen aber viele Jahre zurück, wie Matthias Großmann, Vorsitzender des Nabu Bad Münder, berichtet. Im Zuge der Diskussion um die Nutzung des Steinbruchs als Aschedeponie im Jahr 2012 war der Nabu um öffentliche Stellungnahme gebeten worden, doch die letzte offizielle Begehung gab es zwei Jahre vor der Schießung. Zu lange her, um aktuell belastbare Aussagen zu treffen. „Wir haben da im Moment das Problem, dass auch wir nicht wissen, wie es auf dem Gelände aussieht. Welche Arten gibt es da? Was ist schützenswert, was ist nicht schützenswert? Wir können entsprechend nun auch nicht darauf hinweisen, auf welche Arten Rücksicht genommen werden muss“, erklärt Großmann. Gegenüber der Politik habe der Nabu bereits gefordert, dass „bevor da irgendwas passiert, der Abbau gestartet wird, fachlich versierte Leute von den Umweltbehörden, wenn wir eingeladen werden aber auch von den Verbänden, eine Bestandsaufname, ein Monitoring zu machen ist“, so der Vorsitzende. Dabei müsse es insbesondere um geschützte Arten gehen.
Wir haben da im Moment das Problem, dass auch wir nicht wissen, wie es auf dem Gelände aussieht.
Matthias Großmann
Nabu Bad Münder
Großmann erinnert auch an die Situation rund um die Ascheeinlagerings-Diskussion: „Als wir uns damals damit befasst haben, hatten wir über unseren Landesverband zeitgleich eine Diskussion über das große Artenschutzprojekt hier im Weserbergland, bei dem es um die Gelbbauchunke ging. Dabei ging es auch um EU-Fördergelder - wir hätten diesen Steinbruch gerne in das Projekt einbezogen. Und wenn das damals geglückt wäre, müsste sich heute niemand mehr mit dem Thema Abbau befassen“, stellt Großmann fest. Die Gründe für das Scheitern stören ihn noch heute: Er spricht von einer „Totalblockade“ der Forstgenossenschaft als Eigentümerin. „Die Forstgenossenschaft war zu keinem konstruktiven Gespräch bereit. Sie ist aber nun einmal Eigentümerin des Steinbruchgeländes. Leider hat sich auch der Landkreis damals ganz klar auf die Seite der Forstgenossen gestellt, so nach dem Motto ‚Naturschutz machen wir im Landkreis und nicht die Verbände‘“. Für ihn ein Grundproblem, das der Nabu immer wieder mit dem Landkreis habe. „Wir hatten vor einigen Jahren auf eine Änderung mit dem Wechsel in der Leitung gehofft, aber es hat sich nur kurzzeitig etwas geändert“, sagt der Nabu-Vorsitzende und stellt im Zusammenhang mit dem Steinbruch-Areal fest: „Wenn man die Forstgenossen und die Nuturschutzbehörde gegen sich hat, dann kann man als ehrenamtlicher Verband da oben relativ wenig ausrichten.“
Seine Forderung: „Fachleute, ob die nun vom BUND, vom Nabu oder von der Behörde kommen, müssen da erst einmal reingehen und schauen, was wir da überhaupt haben. Dann kann man fachlich von der Naturschutzseite aus sagen, was geht und was eben nicht geht.“ Bestandsaufnahme, Artenbestimmung und Monitoring seien dringend notwendig, aber vom Nabu unter den aktuellen Bedingungen nicht zu leisten: „Aktuell dürfen wir da gar nicht rein.“
Am Steinbruchtor war bislang auch für Kai Kunze, stellvertretender Vorsitzender der BUND-Kreisgruppe Hameln-Pyrmont, Schluss. Darüber, wie sich das Steinbruchgelände entwickelt hat, welche Arten dort anzutreffen sind und was sich möglicherweise in den vielen Jahren ohne Abbau angesiedelt hat, haben auch die BUND-Vertreter keinen Überblick, und so betont auch Kunze die dringende Notwendigkeit eines Monitorings. Und er erinnert daran, dass die Genehmigung für den Steinbruch aus dem Jahr 1976 stammt. Seitdem sei viel Zeit ins Land gegangen, die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen seien deutlich andere. Unter anderem schließe sich ein Fauna-Flora-Habitat-Gebiet an, dessen Ausweisung zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung sicher noch nicht in den Blick genommen wurde. Der Wald am Steinbruch sei ein Wirtschaftswald, aber auch in diesem Punkt stelle sich aus heutiger Sicht die Frage, ob eine Reduzierung der Fläche der richtige Weg sei - schließlich sei der Wald eine wirkungsvolles Instrument, um die Folgen des Klimawandels abzumildern.
Dadurch, dass im so lange in Ruhe gelassenen Steinbruch vermutlich keine Störungen aufgetreten seien, habe der sich wahrscheinlich zu einem wertvollen Lebensraum für Tier und Pflanzenarten entwickelt. „Früher war der Blick auf die Steinbrüche so, dass man abgebaut hat, das Niveau quasi 60 Meter tiefergelegt hat. Und dann wieder aufgeforstet hat. Das hat heute wirtschaftlich sicher auch noch seine Bedeutung, aber man könnte auch einen anderen Weg gehen“, sagt Kunze.
Gerade die besonderen Bedingungen in Steinbrüchen könnten zu Überlegungen einladen, in einem Bereich ein Biotop für schützenswerte Tiere und auf Magerstandorte angewiesene Pflanzen anzulegen. Die seien aufgrund ihrer hohen Toleranz gegenüber Trockenheit und Nährstoffmangel in der Lage, einen Lebensraum zu erobern, der anderen Pflanzen verschlossen bleibe. Und: Für solche Gebiete ständen in unterschiedlichen Töpfen auch Gelder zur Verfügung. Seine Hoffnung ist nun, dass sich in gemeinsamen Gesprächen Wege finden lassen, von denen alle profitieren können. „Möglichst im Einklang mit der Natur“, sagt BUND-Vertreter Kunze.
Bad Münder. „Staatlich anerkannter Heilquellen-Kurbetrieb“ - dieses Siegel trug Bad Münder über Jahrzehnte stolz vor sich her. Und das kann es auch weiter tun, zumindest noch ein bisschen. Denn der Rat hatte schon Ende September beschlossen, den Status beim Land nicht mehr zu beantragen und stattdessen zu versuchen, Luftkurort zu werden.
Doch so lange, bis dieser Antrag bearbeitet ist, behält Bad Münder noch das alte Heilquellen-Prädikat. Darüber informierte Bürgermeister Dirk Barkowski jetzt auch im Rat noch einmal die Öffentlichkeit. Das zuständige Wirtschaftsministerium in Hannover habe diesem Wunsch entsprochen - vorausgesetzt, das neue Verfahren werde rechtzeitig in Gang gebracht.
Das, so Barkowski, sei gelungen: Noch vor Ablauf der Frist habe die Stadt den sogenannten Erhebungsbogen nach Hannover geschickt - samt Anhang, der allein aus 42 Dateien mit Gutachten, Lageplänen oder Unterkunftsverzeichnissen bestanden habe. „Wir haben ein großes Paket abgeliefert, die erste Hürde genommen und sind nun auf einem guten Weg“, freut sich der Bürgermeister. Nun muss man im Rathaus auf Nachricht aus Hannover warten - fordert man dort weitere Unterlagen nach? Oder geht der Antrag auf das Luftkurort-Prädikat durch?
Eine Hoffnung zumindest will Barkowski gleich zerschlagen: nämlich die, dass vom Luftkurort-Prädikat künftig auch andere Ortsteile als die Kernstadt profitieren könnten. So hatte Ratsherr Andre Hillebrand schon im Herbst gesagt: „Mit dem Thema Luftkurort nehmen wir tatsächlich alle Ortsteile mit, während das Heilquellen-Thema schon sehr auf die Kernstadt begrenzt war.“ Als Luftkurort könne es sowohl in Flegessen Angebote geben wie auch in Nienstedt.
Flegessen etwa hatte nach Darstellung aus dem Ort einst auch ein eigenes Kurort-Zertifikat. Entsprechende Hinweise habe man geprüft, sagt Barkowski, sie konnten aber „seitens der Stadtverwaltung nicht bestätigt werden“. Mehr noch: Mit Blick auf die Regeln für Prädikate zweifle er an, „dass eine Zertifizierung tatsächlich vorlag“.
Ohnehin könne man aktuell nicht über eine Erweiterung des Bereichs reden, der bislang auch das Heilquellengebiet umfasst - weite Teile der östlichen Kernstadt inklusive des Kurparks. Nur hierfür habe man erforderliche Gutachten so kurzfristig vorliegen gehabt.
Und die auch von Hillebrand erhoffte Erweiterung? Theoretisch, sagt der Rathauschef, sei das möglich, man könne eine sogenannte Nachprädikatisierung vornehmen - aber nur, „wenn ein direkter räumlicher Zusammenhang zum derzeitigen Gebiet besteht und einen Mehrwert für das derzeit beantragte Prädikatsgebiet darstellt“.
Für Gebiete wie Flegessen oder Nienstedt müsse man dagegen eine komplette Neuanerkennung anschieben - also eigene Anträge, eigene Gutachten... Die Voraussetzungen dafür lägen nach einer gemeinsamen Bewertung von Stadt und Getour aber ohnehin in keinem der Ortsteile vor. So bliebe vorerst nur die Hoffnung auf einen indirekten Effekt - in Hamelspringe etwa hoffen die Steinbruch-Gegner darauf, dass der Luftkurort-Status Einfluss darauf haben könnte, welche Regeln für Lkw-Verkehr, Lärm- und Schmutzschutz gelten.