In der Frist von 4 Wochen nach Veröffentlichung der offiziellen Genehmigung haben wir unsere Einwände dazu gegenüber dem Gewerbeaufsichtsamt Hannover erhoben.
Dies ist der
Dies ist unser Schreiben in vollständiger Fassung:
Betreff:
Genehmigungsverfahren nach dem BImSchG
Antrag der Norddeutschen Naturstein GmbH auf Erweiterung des Kalksteintagebaus Segelhorst
Widerspruch gegen Genehmigungsbescheid vom 21.12.2017
Sehr geehrter Herr Jahn,
gegen den o.g. Genehmigungsbescheid erhebe ich für den Verein Rettet den Süntel e.V.i.G. Widerspruch.
Aus unserer Sicht wird dem Naturschutz zu wenig Beachtung geschenkt, so dass mit dieser Genehmigung gegen das Bundesnaturschutzgesetz verstoßen wird.
Außerdem wird das Vorsorgeprinzip nicht angewendet, was den Eintritt von Schäden nach menschlichem Ermessen verhindern soll. Denn dass Schäden eintreten können, kommt in der Genehmigung explizit
zum Ausdruck, wenn Sie schreiben, dass die „Eingriffserheblichkeit nicht abschätzbar“ sei.
Im Kabinettsbeschluss der Regierung der Bundesrepublik Deutschland vom 7.11.2007, Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt, heißt es unter anderem: Auf den weltweit zu beobachtenden
alarmierenden Rückgang der biologischen Vielfalt hat die Wissenschaft bereits in den 1970er Jahren hingewiesen. Durch den Verlust an Arten, Genen und Lebensräumen verarmt die Natur und werden die
Lebensgrundlagen der Menschheit bedroht. Verloren gegangene Biodiversität lässt sich nicht wiederherstellen – der Verlust ist irreversibel.
1992 wurde in Rio de Janeiro das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) geschaffen und auf der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und
Entwicklung (UNCED) beschlossen.
Dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt sind inzwischen 189 Staaten und die Europäische Gemeinschaft beigetreten. Deutschland hat das Übereinkommen 1993 ratifiziert (Gesetz zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt vom 30. August 1993, Bundesgesetzblatt II Nummer 32, Seite 1741 folgende).
Für die Bundesregierung hat die Erhaltung der biologischen Vielfalt durch Schutz und nachhaltige Nutzung eine hohe Priorität. Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) Referat Öffentlichkeitsarbeit, 11055 Berlin, zuletzt aufgelegt im Juli 2015.
Diesem Beschluss ist durch Handeln vor Ort und damit auch in Hessisch Oldendorf Langenfeld Rechnung zu tragen.
Im Genehmigungstext der Gewerbeaufsicht Hannover vom 21.12.2017 heißt es unter: 6. Natur und Landschaft, Landschaftspflegerischer Begleitplan, Nummer 6.6.: Zitat: Im Bereich Totental und
Moosköpfe sind diverse Lebermoose und Laubmoose von landesweiter Bedeutung nachgewiesen. Darüber hinaus liegen die Kartierungen des grünen Besenmooses (Dicranum viride) FFH-Anhang II-Art,
Erfassung durch M. Preußing im Auftrag des NLWKN, Dezember 2011, vor. Diese Art kommt insbesondere in dem Bereich des Totentals vor, welcher an die nordöstliche Ecke des geplanten Gesteinsabbaus
angrenzt. Bei einer Rodung der Waldbestände bis an diesen Grenzbereich heran ist eine erhebliche Veränderung des Kleinklimas, bedingt durch eine verstärkte Durchlüftung des Bestandes, zu
befürchten. Dies würde Auswirkungen auf die genannte Flora haben, welche derzeit in ihrer Eingriffserheblichkeit nicht abschätzbar sind.
Zur Feststellung möglicher vorhabenbedingter Veränderungen des Kleinklimas in diesem Bereich ist das Kleinklima gutachterlich zu erfassen. Die Ergebnisse sind dem Naturschutzamt auszuhändigen.
Die Untersuchungen müssen mit Beginn des Abbaus in der beantragten Erweiterung starten und bis zur Erreichung des Endabbaustandes fortgeführt werden, wenn vorhabenbedingte kleinklimatische
Veränderungen zu erwarten sind. Spätestens bei Erreichen des in der Karte "Anhang 4/3 ,,Details zum vorlaufenden Waldrand" der Unterlage ,,Anlagen zur Umweltverträglichkeit" dargestellten
Abbaufortschrittes (Verbleib eines 50 m breiten Gehölzstreifens) wären ggf. notwendige Gegenmaßnahmen in Form einer Einrichtung von Pufferzonen mit massiven Gehölzunterpflanzungen zu prüfen.
Ausformung und Größe von Pufferzonen wäre in Abstimmung mit dem Klimagutachter, dem Abbaubetreiber und dem Naturschutzamt festzulegen. Zitatende.
Diese Ausführungen treffen den Sachverhalt nur unvollständig. Durch einen weiteren Abbau des Kalkgesteins entsteht ein fast doppelt so großes und um 10 m tieferes Loch als bisher. Schon heute ist festzustellen, dass an Sonnentagen im Sommer eine erhebliche Thermik über den von der Sonne beschienenen Felswänden entsteht. Die an den senkrechten Felswänden entstehende aufgeheizte Luft steigt zunächst nach oben, kann aber durch hier häufig vorkommende westliche Winde in Richtung Blutbachtal und Moosköpfe abgetrieben werden. Viele der hier vorkommenden z.T. sehr seltenen Arten wie z.B. das grüne Besenmoos (Dicranum viride) sind aber auf ein feuchtes Kleinklima mit wenig Luftbewegung angewiesen. Diesem Umstand ist Rechnung zu tragen.
Die in der Antragsbegründung und in der Genehmigung vorgeschlagenen Maßnahmen erscheinen allerdings unzureichend. Es wird einem Schäden vorbeugenden Naturschutz nicht gerecht, immer weiter abzubauen und solange weiterzumachen, wie keine Schäden auftreten. Wenn erst dann Pufferzonen mit massiven Gehölzunterpflanzungen in Erwägung gezogen werden sollen, wenn Schäden auftreten, ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen.
Laut geltender Rechtsprechung sind Pufferzonen (für die Fauna) und Schutzzonen für schützenswerte Flora und Fauna von vornherein einzurichten.
Der Anteil an Moosen und Flechten im Totental ist wegen der steilen, engen und windberuhigten Lage mit hoher Luftfeuchtigkeit besonders hoch. Dies wird z.B. dokumentiert durch das Vorkommen der
Schriftflechte (Graphis Scripta), die nur im Totental Diasporen bildende Exemplare wegen des hier herrschenden Kleinklimas ausbildet.
Insbesondere deswegen ist das angrenzende Totental seit 2015 im Rahmen der Strategie der Natürlichen Waldentwicklung komplett aus der Bewirtschaftung herausgenommen worden (NWE-10-Programm). Bis 2020 dürfen nur noch nicht standortgemäße Baumarten entnommen werden. Im Totental sind weitere Maßnahmen nicht erlaubt, um sicherzustellen, dass das Tal vor Wind und Sonne geschützt wird, damit die Wind- und Bodenfeuchtigkeit erhalten bleibt. Auf Seite 12 der Genehmigung des GAA Hannover vom 21.12.2017 heißt es: "Ausführung und Größe von Pufferzonen wäre in Abstimmung mit dem Klimagutachter, dem Abbaubetreiber und dem Naturschutzamt festzulegen".
Angesichts der einzigartigen Naturschätze des geschützten Totentals verwundert es, dass Pufferzonen erst während des laufenden Betriebes ermittelt werden sollen. Dagegen erheben wir Einspruch. Wir fordern, dass der Betrieb des Steinbruchs solange ruht, bis unabhängige Naturschutzexperten Ausformung und Größe der erforderlichen Pufferzonen ermittelt haben und bis diese zu berücksichtigenden Pufferzonen Bestandteil der Genehmigung des GAA vom 21.12.2017 geworden sind. Nur so können die Vorkommen von Lebermoos, Laubmoos, Besenmoos, Schriftflechte und anderen Pflanzen dauerhaft geschützt werden.
Schutz für Deister und Süntel, wie der Deister- und Weserzeitung vom 19.01.2017 zu entnehmen ist, will der Landkreis Hameln-Pyrmont im neuen Raumordnungsprogramm Deister und Süntel besonders schützen.
Die beiden Gebirgszüge sollen als Vorranggebiete für landschaftsbezogene Erholung ausgewiesen werden, um sie gegen Planungen abzusichern, die diesen Zielen entgegenstehen.
Als einzige Belastung für das Gebiet führt das Raumordnungsprogramm die Existenz von Steinbrüchen auf. Damit wird dem respektlosen Umgang der Abbruchgesellschaft NNG bzw. der Basalt AG mit der Natur Rechnung getragen: Am Ith wurde mit steilerer Neigung abgebaut als erlaubt. Genauso am Messingberg bei Steinbergen: Trotz Warnungen eines Ingenieurs wurde hier nach dessen Eintritt ins Rentenalter mehr abgebaut als zulässig - mit der Folge, dass es einen massiven Bergsturz tausender Tonnen von Gestein gab - es ist nur glücklichen Umständen zu verdanken, dass hier kein Mensch zu Schaden kam.
Die NNG musste Ende des Jahres 2017 auf Geheiß der UNB Ausgleichspflanzungen vornehmen und Steinhaufen aufschütten, weil sie in der Vergangenheit zu viele Gehölze beseitigt hat. Daraus leitet sich ab, dass dieser Gesellschaft sehr klare und eindeutige Vorgaben durch die GAA und die Naturschutzbehörde gemacht werden müssen, die auch regelmäßig überprüft werden müssen. Verstöße müssen sofort sanktioniert werden. Jeglicher Vertrauensvorschuss ist durch das in der Vergangenheit gezeigte verantwortungslose Verhalten verspielt worden.
Darüber hinaus ist festzustellen, dass diese beiden Gebirgszüge Süntel und Ith zentrale Elemente des Naturparkes Weserbergland sind.
Auf konsequenten Naturschutz wird auch hier noch einmal besonders Wert gelegt. Diesen Bestrebungen ist Rechnung zu tragen.
Denn: „Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, sind nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten.“ (§ 23, Absatz 2 Bundesnaturschutzgesetz). Die Genehmigung wurde nach Bundes-Immissionsschutzgesetz erteilt. In dem Zusammenhang muss aber auch insbesondere dem Bundesnaturschutzgesetz Rechnung getragen werden.
Das Abbaugebiet grenzt direkt an eines der ältesten Naturschutzgebiete Deutschlands.
§ 23 Naturschutzgebiete
(1) Naturschutzgebiete sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft in ihrer Ganzheit oder in einzelnen Teilen erforderlich ist 1. zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Lebensstätten, Biotopen oder Lebensgemeinschaften bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten, 2. aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder 3. wegen ihrer Seltenheit, besonderen Eigenart oder hervorragenden Schönheit.
(2) Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, sind nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten. Soweit es der Schutzzweck erlaubt, können Naturschutzgebiete der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden.
Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass gemäß § 23 Absatz 2 Bundesnaturschutzgesetz (siehe oben) alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung oder zu einer nachhaltigen Störung von Naturschutzgebieten führen können, verboten sind.
Daraus leitet sich ab, dass ein Gesteinsabbau bis sehr weit an die Steilkante des Totentals zu einer Beeinträchtigung gemäß vorgenannter Aufzählung führen kann.
Dies wird im Genehmigungsbescheid der GAA Hannover vom 21.12.2017 ausdrücklich eingeräumt. Unter 6. Natur und Landschaft, Nr. 6.6 Seite 11 der Genehmigung heißt es: „Bei einer Rodung der Waldbestände bis an diesen Grenzbereich heran ist eine erhebliche Veränderung des Kleinklimas, bedingt durch eine verstärkte Durchlüftung des Bestandes, zu befürchten. Dies würde Auswirkungen auf die genannte Flora haben, welche derzeit in ihrer Eingriffserheblichkeit nicht abschätzbar (Hervorhebung d. Verf.) sind.“
Trotz dieser Gefahren wird der Abbau genehmigt.
Die Einrichtung von ausreichenden Pufferzonen, die durch ein unabhängiges Fachbüro zu ermitteln sind, ist somit zwingend erforderlich, und zwar vor Beginn der Ausbeutung der von der NNG beanspruchten Flächen.
Wir stellen fest: Das GAA weiß genau, dass die Steinbrucherweiterung aus Naturschutzgründen unvertretbar ist. Aus wirtschaftlichen Gründen soll aber die Erweiterung genehmigt werden. Deswegen gestattet man die Erweiterung, baut aber Auflagen ein, die nur als Alibi fungieren. Abschließend sei darauf hingewiesen, dass insbesondere der Süntel mit Blutbachtal und Dachtelfeld eine historisch bedeutsame Stätte darstellt. Sächsische Stämme haben hier das Heer Karls des Großen vernichtend geschlagen, die Ortsnamen geben davon Kunde. Hinzu kommt, dass die markanten Hohensteinfelsen früher als heiliger Ort galten, Vertreter der norddeutschen Stämme trafen sich am Hohenstein in einer Art Parlament, um ihre Angelegenheiten zu regeln.
Der Schutz der einmaligen Naturschätze und der Respekt vor dieser geschichtsträchtigen Vergangenheit gebieten einen pfleglichen Umgang mit diesen einmaligen historischen Stätten.
Schon die Aktionsgemeinschaft Weserbergland (AGW)-Schaumburger Freunde um Elke Reineking hat vor über zehn Jahren erfolgreich den geplanten Gesteinsabbau im Dachtelfeld verhindert.
Über 600 Menschen versammelten sich damals an der Kreuzsteinquelle, als sich der damalige niedersächsische Umweltminister Sander veranlasst sah, das Dachtelfeld aus künftigen Planungen für Gesteinsabbau herauszunehmen.
Die Menschen im Weserbergland sind gegen weiteren Gesteinsabbau. Weit über 11.000 Unterschriften zu unserer Online-Petition "Rettet den Süntel" bei Campact bringen dies zum Ausdruck.
Mit freundlichem Gruß
Brigitte Klein
1. Vorsitzende des Vereins Rettet den Süntel (in Gründung)